Erfahrungsbericht: BYOD und Android-Tabletwagen

Irgendwann kommt einmal der Moment, an dem das Smartphone der SchülerInnen alleine nicht mehr ausreicht.

Zu Beginn meines Projekts waren noch alle heiß, Ihr eigenes Gerät im Unterricht verwenden zu dürfen. Je länger es andauerte, desto häufiger schlichen sich die üblichen Vergesslichkeiten ein:

  • ich habs zu Hause vergessen
  • mein Akku ist leer
  • ich hab keinen Speicher mehr
  • meine Eltern erlauben die Nutzung nicht

Gut, der letzte Grund ist manchmal auch wahr gewesen. Denn ein großer Nachteil beim BYOD ist, dass erst einmal kein Versicherungsschutz für die Geräte besteht. Das hält so manchen davon ab, den Kindern die Geräte mitnehmen zu lassen.

Wenn jetzt aber bei all den Ausreden keine ordentliche Nutzung der Geräte möglich ist, dann braucht es einfach Leihgeräte. Auch einen weiteren Grund gibt es dafür: manch einer wurde von seinen Eltern schon früh mit High-End-Geräten ausgestattet, während andere die Auslaufmodelle von vor 7 Jahren bekommen haben. Nicht jeder mag zeigen, was er für ein Gerät hat. Da ist es hilfreich, Schulgeräte als Ersatz zur verfügung zu stellen.

Auswahl der Geräte

Schon bei den ersten Diskussionen unter den Initiierenden war klar, jeder präferiert das Gerät, das er selbst in der Hosentasche hat. Eine richtige Lösung gibt es dabei nicht, die Vor- und Nachteile gibt es auf jeder Seite.

Wir haben uns dann für Android-Geräte entschieden, weil die beim zur Verfügung gestellten Etat in der ersten Runde 16 Tablets ermöglichten. Beim Surface bzw. Apple-Produkt hätten wir immer weiter stückeln müssen und erst mal keinen "halben Klassensatz" anschaffen können. Des weiteren war klar, dass ich mich größtenteils um die Wartung und Pflege der Geräte kümmern musste. Las Besitzer eines Android-Smartphones wollte ich hier meine Erfahrungen und Ideen einbringen. So wurde es das Lenovo Tab 3 , ein Gerät, das uns für den Anfang ausreichend robust erschien. Auch hierüber lässt sich garantiert diskutieren, jeder muss am Ende seinen eigenen Weg finden. Wichtig ist, dass derjenige der es wartet, damit einigermaßen erfahren umgehen kann.

Weil Marke Eigenbau bei der Aufbewahrung aus Angst vor Schäden nicht in Frage kam, erwarben wir noch das "ALSO EduCenter Case 16 Tablets" - man fällt schier vom Glauben ab, wenn man bei diesen Boxen Preise vergleicht... Ein Standard WLAN-Router oben drauf und jedes Klassenzimmer mit einer 200 Mbit-Leitung gepatcht, schon kanns los gehen.

Wartung und Zugriff

So ein Tablet hat ja erst einmal nichts und die Gefahr von Missbrauch durch die SchülerInnen schien uns gegeben. Darüber hinaus wollten wir eigentlich zentral Apps installieren, deinstallieren und Dokumente löschen können. Daraus wurde erst einmal nichts. Was bei Apple leicht geht, kostet bei Android extra. Eine MDM-Lösung ist dafür notwendig. Da hätte es tatsächlich kostenlose Lösungen gegeben (zumindest für 30 Geräte), die Bedienung war aber derart komplex, dass wir nach längerem erfolglosem Ausprobieren die Finger davon ließen. Darüber hinaus wäre nach 30 Geräten Schluss gewesen, jedes weitere hätte bei der MDM-Software knapp 10 Euro pro Monat pro Gerät verschlungen.

Wir installierten also vorerst per Hand einzelne Apps, erstellten für jedes Tablet einen eigenen Account und sicherten diesen über eine Schul-Mail-Adresse.

Nun sollte aber gewährleistet werden, dass die SchülerInnen nicht alle Apps bedienen können. Z.B. keine Einstellungen, um grundlegende Dinge zu verändern, kein Play Store, um sinnlose Apps zu installieren, kein GMAIL um "anonym" Mails verschicken zu können,...

Nach einiger Suche installierten wir die App "Kids Place", in dieser kann bestimmt werden, welche Apps den SchülerInnen freigegeben werden können. Das hat aber einen Haken. Viele Apps greifen auf weitere Apps bei der Speicherung, Verwendung von Mikrofon, Kamera,... zu. Sind diese nun nicht erlaubt, sperrt der Kids Place diesen Vorgang. Z.B. konnte man also im padlet nichts posten, weil kein Zugriff auf die Galerie, das Mikrofon oder die Kamera möglich war.

Also mussten wir bei jeder App, die wir im Kids Place erlaubten vorab die gewünschten Berechtigungen setzen. Bei jedem Tablet, bei jeder App,... Das dauerte Stunden und bei jeder neu gewünschten App das gleiche noch einmal. Hatte sich ein Gerät aus welchen Gründen auch immer verabschiedet, musste es neu aufgesetzt werden. Das war so kein Zustand. Die pfiffigen SchülerInnen hatten darüber hinaus sofort herausgefunden, dass der Kids Place 1-2 Sekunden zeitverzögert aktiviert wird. Das reichte locker, um die App selbst zum Papierkorb zu bringen und sie so zu deinstallieren. Etwas anderes musste her...

APP Lock - ein Schüler-Tipp

Ich hab das ganze Problem dann offen in meinem IT-Unterricht mit einer 8. Klasse besprochen. Siehe da, die hatten in 0,nichts sehr viele gute Ideen, das Tablet zu verwalten. Ich ließ Sie 30 Minuten recherchieren und dann präsentierten sie mir tolle Ideen. Die beste war die App "Applock". Statt wie beim Kids Place die Apps auszuwählen, die erlaubt sind, wird einfach eine App gewählt, bei der bestimmte Apps verhindert, bzw. nur mit einem Code geöffnet werden können. Diese App kann sogar so eingestellt werden, dass eine schnelle Deinstallation unmöglich ist. Gleichzeitig versahen wir alle Tablets mit ein und demselben Account. Jetzt können wir bei jedem neuen Gerät nach Anmeldung in "meine Apps" reingehen und einfach genau die installieren, die dort zu sehen sind. So ergibt sich bei jeder Neuinstallation folgender Workflow:

  • Anmelden unter dem einen Account
  • Apps in "meine Apps" installieren
  • alle Berechtigungen freigeben
  • AppLock installieren und Apps verhindern

Bis auf das Passwort zu Beginn und dem Code bei AppLock können das auch unsere SchülerInnen erledigen. Der Workflow hat nun deutlich abgenommen. wenn ich gar eine neue App auf allen Geräten installieren möchte, melde ich mich am PC eben unter diesem Account an, wähle im Play Store die App aus und lasse sie dann auf allen angezeigten Geräten installieren.

So setzen wir jetzt jedes Halbjahr unsere 32 Tablets neu auf und haben dadurch tatsächlich einen reibungsloseren Ablauf.

Ein weitere Tipp von den SchülerInnen: PowerBanks. Nicht immer werden alle Geräte vorschriftsmäßig geladen oder manchmal ist einfach auch ein Kabel defekt.

Ab und zu überprüfen wir noch die gemachten Fotos in der Galerie. Zweimal haben wir Bilder entdeckt, die weniger mit Unterricht zu tun hatten. Sehr schnell konnten wir aufgrund der Perspektive die Knipser ausfindig machen und mit allen beteiligten über Schutz am Bild reden.

Zukunftsmusik?

Nachdem jetzt immer mehr KollegInnen die  mittlerweile 2 Tabletwägen verwenden, kommt es zu Engpässen, manche verwenden sie nur aufgrund der seltenen Verfügbarkeit nicht. Es stehen also weitere Anschaffungen an. Dieses Mal haben wir aber gelernt: Android-Tablets sind bis zu einer bestimmten Zahl super (weil vor allem günstig und der Mehrheit vertraut), allerdings bei einer steigenden Stückzahl nur sehr zeitintensiv zu verwalten.

Daher haben wir uns entschlossen, beim nächsten Wagen auf ein Apfel-Produkt zu setzen. Zwei Kolleginnen haben IPhones und wollen eigentlich auch im Unterricht Geräte nutzen. Sie nehmen in Kauf, die Dinger zu warten, um dann das vertraute Gerät nutzen zu können. Dass wir dann zwei verschiedene Geräte im Einsatz haben wird so zum Gewinn. Im Lehrerraumprinzip kann jeder den Wagen in sein Klassenzimmer buchen, der am besten zu ihm passt.

Voraussetzung ist allerdings, dass sich Leute darum kümmern, die eine Idee für den Unterrichtseinsatz haben. Und: man darf nicht zu viel Zeit bei der Wartung verlieren, die Zeit für guten Unterricht ist viel wichtiger. Also brauchts viele motivierte Leute und keine Einzelkämpfer damit die Arbeit sich in Grenzen hält und der Nutzen auf mehrere Köpfe verteilt wird. Dann motiviert es auch weitere KollegInnen, einen Tabletwagen zu buchen und mit diesem spannende Dinge im Unterricht zu machen.

Auf die Frage, was wir denn im Unterricht einsetzen möchte ich heute nicht eingehen. Wir installieren ständig Apps nach, deinstallieren wieder welche und verwenden oftmals einfach nur den Browser, um Dinge erstellen zu lassen. Konkret zu sagen, was wir installieren ist daher höchstens eine Momentaufnahme und hängt stark vom Unterricht der Lehrkräfte in den verschiedenen Fächern ab.