Stressbewältigung: Zeit zum Arbeiten - Zeit zum Leben

"Kein Stress", das sagt man so leicht daher, aber im Schulalltag geht es oft alles andere als entspannt zu. Schön zu sehen, dass es den Blogger-Kollegen auch so geht. Herr Mess hat auf seinem Blog dann gleich zu einer Blogparade aufgerufen. Schon lange denke ich bei Stresssituationen an das Buch der Prediger Kapitel 3: Um sie zu bewältigen ist es wichtig, sich Zeit zu nehmen. Zeit zum Arbeiten und Zeit zum nicht Arbeiten. Dabei ist es wichtig auch manchmal proaktiv (also vorbereitend) zu handeln, das kann auch entschleunigen. Meine Stressbewältigungsstrategien möchte ich im Folgenden vorstellen. Danke im Übrigen an alle, die schon bei der Blogparade mitgemacht haben, das waren inspirierende Beiträge.

1. Elterngespräche frühzeitig führen

Ich fahre jeden Tag eine halbe Stunde einfach von der Schule zurück. Für diese Zeit plane ich mir immer mindestens ein Elterngespräch aus Eigeninitiative ein. Während des Unterrichts mache ich mir Notizen über die Arbeit oder das Verhalten meiner Schüler und bei häufigen Verfehlungen bzw. besorgniserregenden Vorkommnissen rufe ich dann zu Hause an. Das Gespräch versuche ich mitteilend zu führen und überlege mir jedes Mal, wofür ich die SchülerInnen auch loben kann. Ich verabschiede mich mit meiner Mailadresse und der Aufforderung, mir doch bei Gelegenheit eine kurze Rückmeldung zu geben. Zu dem Versprechen, noch einmal anzurufen lasse ich mich nicht hinreißen, das zweite Gespräch sollte dann vom Interesse der Eltern ausgehen. Dadurch habe ich weniger Gespräche in Sprechstunden oder Elternsprechtagen und gleichzeitig sind auch die unangenehmen Gespräche weniger geworden. Von Eltern, deren Kinder selten Fristen einhalten können, lasse ich mir immer die Mailadresse geben, um direkt auf Versäumnissen bei Abgaben hinzuweisen. Immer häufiger versuche ich nun auch Gespräche zu führen, die nur lobend sind, nicht dass ich Ende nur der kritisierende Schmidt bin.

 

2. Privates von Schulischem Trennen

Ein Lehrer nimmt alles mit nach Hause... und jammert abends noch die Familie voll. Genau das versuche ich so gut wie möglich zu verhindern. Wenn ich mein Arbeitszimmer verlasse ist family time. Meine Frau und Kinder haben es verdient, sich am Abend nicht die ganze Zeit die ups and downs eines Lehrers anzuhören. Gleichzeitig versuche ich in der Schule meine Zeit so effizient zu nutzen, dass ich nicht jeden Tag weit über 17 Uhr sitzen muss. In Freistunden arbeite ich in leeren Klassenzimmern weiter, dafür bin ich dann manchmal vielleicht schon früher fertig. Zwei Abende die Woche ist meine Frau unterwegs, diese plane ich dann zum Arbeiten ein und habe dafür nachmittags mehr Zeit für meine Kinder. Egal wo ich sitze oder bin, ich kann mit meinem Surface sofort das gleiche arbeiten. Die Zeit die ich damit für meine Familie gewinne ist dann wieder so erholsam, dass ich daraus die nötigen Kräfte ziehen kann. Und sollte ich noch irgendeinen Frust loswerden müssen, rufe ich meinen Lieblingskollegen an oder es muss ausnahmsweise meine Frau "dran glauben".

 

3. Mit Flipped Classroom unterrichten

Gut, dazu habe ich auf dieser Homepage schon genug geschrieben, nur kurz zu diesem Kontext. Es entspannt unglaublich, wenn man den Input in Form eines Videos auf die nachmittägliche Hausaufgabe der Schüler verlegt. Man muss nicht tausend Mal das gleiche sagen und vor einer Schulaufgabe bekommt man seltener die Fragen gestellt, die in den letzten Wochen schon 100 Mal gestellt wurden. Ich bin so seltener gereizt und habe wieder mehr Geduld im Umgang mit den Schülern. Das ist wieder mal etwas mehr Arbeit im Voraus, dafür aber umso entspannter (weil kommunikativer in 4-Augen-Gesprächen) in den Unterrichtsstunden.

 

4. Schülersprechstunde

Normalerweise kennt man das eher von den Elternsprechtagen, es hat sich aber bewährt regelmäßig kurze Gespräche über den Leistungsstand bzw. bezüglich den eigenen Erwartungshaltungen mit allen SchülerInnen einzeln zu führen. Man lernt so sehr viel über seine Klassen kennen und kann viele Dinge leichter verstehen bzw. die eigene Erwartungshaltung gegenüber der Erwartungshaltung der Schüler zurück schrauben. Gleichzeitig kann man gerade in diesen Gesprächen auch sehr viel pushen, den SchülerInnen etwas zutrauen und so auch den Lernerfolg bzw. die Lernbereitschaft erhöhen. Aber vor allem kann man Ihnen Wertschätzung entgegenbringen, dann nämlich, wenn sie auch Kritik am Lehrer üben dürfen, die aber unter vier Augen meist weniger aggressiv ist bzw. fast immer versöhnlich endet.

 

5. Paperless

Ich kann einfach nicht mit Papier ordentlich sein, diese ganzen Elternbriefe, Notizen der Kollegen, Rundschreiben des Kultusministeriums,... und und und. Katastrophe, wie viel Wälder für die Schule dran glauben müssen. Gleichzeitig schaffe ich es nicht diese Papiere immer griffbereit zu haben oder zu wissen wo sie sich gerade befinden. Rigoros fotografiere ich alle "Zettel" mittlerweile mit der App Scanbot ab, meine komplette Unterrichtsvorbereitung ist auf meiner NAS bzw. auf meinem Stick, Abgabe- und Hausaufgabelisten führe ich über den Notenmanager, genauso wie Sitzpläne und Noten, meine Schulbücher habe ich digital, Notizen und ToDo-Listen führe ich auf OneNote... kurzum ich habe kaum mehr Papierkram. Meine Schultasche ist mini und das entspannt mich unglaublich. Die fehlende Ordnung im Papierchaos ist einer wie ich finde tollen Sortierung digitaler Art gewichen. Dank einer guten Synchronisierung geht auch nix verloren, das ist mir mit Papier doch häufiger passiert.

 

6. Social Media off

Ok, bei Facebook, Twitter, Xing,... bin ich echt oft unterwegs. Das hat mich glaube ich auch gestresst. Ist ja auch so ein spannendes Thema, dieses digitale Dingsbums mit Schule und so. Da möchte man nichts verpassen und am besten alle inspirierenden Artikel gleichzeitig lesen. Aber das ist Quatsch, wenn so etwas wie work-life-balance hinhauen soll, bzw. wenn man zwei Kinder großziehen und ein Haus bauen will. Ich habe jetzt meine Mails und alle meine SocialMedia-Apps vom Handy verbannt, die gibt es nur noch über den Brwoser auf dem Surface oder an meiem PC. Nur wenn ich im WLAN bzw. am Arbeitsplatz bin, kann ich reagieren. Ich verpasse dadurch auch nix, kann mir aber feste Zeiten nehmen, um Mails zu checken, mich fortzubilden oder um spannende Dinge über den Flipped Classroom zu posten.

 

Alles in allem bin ich glaube ich auch wegen der sechs Punkte entspannter und zufriedener geworden. Ich bin gespannt auf die Vorschläge weiterer Kollegen.